Mittags wollte ich mitm Bus Richtung City Center fahren, abends ging ja meine Fähre zurück nach Piction (was fürn Abenteuer). Da war ja noch mein weißes Shirt, was zum Glück wieder rotweinflecklos erstrahlte gestern. Ich nahm es von einem der vier Holzstühle in Janets Arbeitszimmer. Und. Oh neee... Neunundzwanzig Jahre musste ich werden, um herauszufinden, dass man feuchte Kleidungsstücke besser nicht auf alte Holzstühle legt, um sie zu trocknen. Hatte also nun nen richtig schönen monstergroßen gelben Streifen auf der Rückseite. Janet gab mir ihr Zauberpulver mit, ebenso eine große Box voller Pflaumen. Sie hat da noch ein Grundstück in der Hawkes Bay mit ein paar Pflaumenbäumen. Sie wusste nicht wohin mit den ganzen blauen eierförmigen Früchten. Hab sie doch gerne genommen – VITAMINE!!! Und auch zwischendurch konnte ich immer wieder naschen.
Ich traf mich etwas später mit Mike Clare, einem Fotografen aus Wellington. Hatte ja bestimmt 30 Fotografen angeschrieben, ob sie Assistenten brauchen. Na ja, etwa 27 haben erst gar nicht geantwortet und die anderen drei meinten, nö. Haha. Mike war aber so freundlich und hat gemeint, dass ich aber zumindest mal auf nen Plausch vorbeikommen kann. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen und so schaute ich in seinem Studio vorbei. Er sagte mir, dass es momentan (auch) in Neuseeland superschlecht mit Jobs aussieht. Viele Kunden sind halt knauserig geworden und so haben alle Fotografen weniger Arbeit und brauchen entsprechend auch kaum Assistenten. Außerdem stehen Leute von den Universitäten Schlange, die auch assistieren wollen. Puh, is das anstrengend. Habe mich langsam damit abgegeben, dass ich mich in Sachen Fotografie hier nur durch eigenes Engagement weiterentwickeln kann. Boah, dabei bin ich gar kein Landscape-Fotograf. Mir fehlt immer irgendwie ne Person im Bild (also nicht ich, haha). Na ja, war ein ganz nettes Gespräch, auch wenn wir dauernd von Telefonanrufen unterbrochen wurden. Mike musste irgendwann los, ich zog dann weiter Richtung City, machte noch nen Abstecher in den New World. Kaufte mir mein erstes neuseeländisches Crisp Bread und leider noch ein paar naughty Sachen. Schokolade und Ginger-Cookies. Meine beiden Leidenschaften der letzten Tage. Das muss aber bald mal ein Ende haben. Menschenskinner neee!
Blöderweise lag der Interislander Ferryterminal etwas weiter auswärts. Ich entschied mich zum Shuttlebus zu walken, der bei der Railway Station 50 Minuten vor Ferry-Abfahrt losziehen sollte. Schön. Es kam natürlich kein Bus... So war es nun schon 40 Minuten vor Anfahrt und ich sollte eigentlich bis 45 Minuten vorher eingecheckt haben. Ich wusste nicht, was ich machen sollte... ich entschied mich im Eiltempo zu Fuß loszuziehen. Und ich hatte die Strecke wirklich unterschätzt. Kam also richtig schön ins Schwitzen. Nach etwa 15 Minuten laufen, rauschte der Shuttlebus an mir vorbei, Richtung Railyway Station. Ach, der war aber pünktlich. Oh Mann, ich kriegte kurz Panik und dachte, man kann den Terminal nur mit nem Auto erreichen... war aber im Endeffekt nicht der Fall. Ich war inzwischen klitschnass-geschwitzt. Menno! Irgendwann erblickte ich das Zeichen “Check-Inn”. Ich kam zeitgleich mit dem Shuttlebus an.
Ich brauchte glaube ich eine Stunde um zu trocknen. Haha. Ich saß die ganze Zeit wie ein Geist auf der zum Glück ergatterten Halbmond-Couch, schmiss meinen Laptop an merkte, dass mir beim Aufdenbildschirmstarren schlecht wird. Es wippte halt etwas hin und her – das Schiffchen. Irgendwann kitzelte es in der Nase. Ich roch Chips, also Pommes. Boah, jetzt Fish + Chips. Das musste sein. Trotz Schokolade und Cookies im Magen. Brauchte das für meine Nerven. Also gekauft und für pappig befunden. Der Fish war ganz ohkeh.
Auf einmal. Mein Blick schweifte nach rechts. Waren inzwischen auf der Cook Strait angekommen (Die Cook Strait ist eine Meerenge im Seegebiet von Neuseeland, die die beiden Hauptinseln Neuseelands voneinander trennt und mit zu den stürmischsten Meeresstraßen der Welt zählt...) Welch samtigbergiger Ausblick. Die Sonne stand inzwischen flach am Himmel und erzeugte eine goldene Farbstimmung. Das Meer schimmerte blau. Ich musste einfach raus aufs Deck, nichtsahnend, dass ich dort fast weggeblasen wurde. Der Wind schmiss einen ja fast vom Schiff. Krass. Ich knipste mich für mein Tagesfoto, mein blödes Shirt “wehte” dabei immer wieder hoch. So ein Mann knipste mich wiederum dabei wie ich mich knipste. Toll, nu hat der ganz viele Dickbauchfotos. Buh!
Mir war noch etwas schlecht vom Aufdenlaptopschielen und bevor ich endgültog seekrank wurde, ging ich wieder in den Loungebereich. Konnte aber meine Augen von nun an nicht mehr absenken, zu beeindruckend war das Schauspiel draußen.
Die Dämmerung setzte ein und ich hätte schreien können vor Freude. Ich lief wieder Richtung Deck und erblickte den schönsten Himmel der Welt, die Bergketten darunter. Ich heulte alternativ. Ging nicht anders. Ist wie auf nem Konzert meiner Lieblingsband gewesen. Da ich diesen besonderen Moment nicht teilen konnte, schmiss ich kurzerhand meine Videokamera (die mal wieder nichts ansatzweise so darstellen konnte, wie ich es mit eigenen Augen sah) an.
Ich kam halb zehn in Piction an. Tessa hatte mein Auto wieder auf ihren Parkplatz vorm Aquarium gefahren. Ich fuhr wieder zurück zu ihrer Wohnung. Zum Glück fand ich den Weg noch. Haha... wir hatten noch nen lustigen gemeinsamen Abend und irgendwann verzog ich mich in mein kleines Zimmer. Ich träumte, glaub ich, ein wenig. Ging ja gar nicht anders!
stimmt, du beweist uns hier ja jeden Tag in aller Deutlichkeit, dass du Landschaften überhaupt gar nicht fotoknipsen kannst und landschaftliche Stimmungen aber auch so rein gar nicht mit der Linse einfangen kannst...
Ich sach nur Licht und Scheffel...
Write a comment